Kanzlei Koops | Idstein | Rechtsanwalt für Erbrecht
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Wertermittlung durch das Ortsgericht

Die Hessischen Ortsgerichte sind nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main grundsätzlich für die Wertermittlung von Immobilien im Rahmen pflichtteilsrechtlicher Streitigkeitengeeignet.

Hintergrund

Der Kläger, der Bruder des Beklagten, forderte nach dem Tod der Mutter ein notarielles Nachlassverzeichnis, welches der Beklagte vorlegte. Dieses Verzeichnis enthielt ein ortsgerichtliches Gutachten über den Verkehrswert eines Grundstücks, das zum Nachlass gehörte.

Gerichtliche Entscheidung

Das OLG Frankfurt entschied, dass der Erbe in Hessen seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 2314 BGB durch die Vorlage einer Schätzung eines Ortsgerichts nachkommen kann. Der Pflichtteilsberechtigte hat keinen Anspruch auf ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.

Gründe

Das Gericht stellte fest, dass die Schätzung des Ortsgerichts den Anforderungen des § 2314 BGB genügt. Die Mitglieder des Ortsgerichts verfügen über besondere Sachkunde und sind in der Lage, den Verkehrswert von Grundstücken sachgerecht zu ermitteln.

Praxishinweis

Im Rahmen pflichtteilsrechtlicher Ansprüche ist der Erbe verpflichtet, auf Anfordern des pflichtteilsberechtigten den Wert des Nachlasses ermitteln zu lassen.

Befinden sich Immobilien im Nachlass, entsteht immer wieder Streit darüber, wie der Verkehrswert zu ermitteln ist. Einfache Schätzungen, wie sie unter anderem von Maklern oder Banken vorgenommen werden, sind regelmäßig unzureichend. Üblicherweise wird ein Gutachten gefordert, dass die Anforderungen der Immobilienwert-Verordnung erfüllt. Diese bisweilen sehr ausführlichen Gutachten sind einerseits sehr kostspielig und andererseits auch zeitintensiv.

Hierzu gibt es in Hessen eine Alternative durch Erstellung eines Schätzgutachtens durch das jeweils zuständige Ortsgericht. Diese Gutachten sind einerseits deutlich günstiger und häufig auch schneller erstellt. 

Hierbei gibt es allerdings eines zu beachten:

Allein der Umstand, dass ein Ortsgericht die Schätzung vorgenommen hat,
garantiert nicht die Richtigkeit des Inhaltes. In der Praxis begegnen uns immer wieder auch Gutachten von Ortsgerichten, welche die ordnungsgemäßen Anforderungen an das Schätzgutachtens nicht erfüllen. Das ist aber eine Frage des Inhaltes und nicht der Person des Gutachters!

OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 8.12.2021 – 12 U 110/21